Zugang, Lage


Halen befindet sich 5km nördlich von Bern in einer Waldlichtung oberhalb des Aarehanges. Am einfachsten erreichen Sie den Ort mit dem öffentlichen Verkehrsmittel (Besuch - Visit). Die Fahrt beginnt beim Hauptbahnhof, führt über die Länggasse – ein urbanes Gründerquartier aus dem 19./20. Jahrhundert mit interessanten Bauten (Historimus, Jugendstil, frühe Moderne). Bald verschwindet die Strasse im Bremgartenwald, der der Stadt natürliche Grenzen setzt, quert die Autobahn und nach wenigen Minuten erscheint die Halenbrücke. Dieses Bauwerk wurde 1911/12 nach einem Wettbewerbsergebnis unter Brückenbaufirmen von Ingenieur Jakob Bolliger, Zürich, entworfen und realisiert. Die zur Zeit ihrer Fertigstellung weitest gespannte Betonbrücke der Schweiz überzeugt durch ihre elegante Leichtigkeit und bildet mit der obliegenden Halensiedlung eine interessante technische Komposition in der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft.

 

Die Siedlung befindet sich inmitten des Waldes auf einer ursprünglichen Lichtung. Das Terrain ist abfallend, zwischen den Bäumen eröffnen sich grossartige Blicke von der nahen Umgebung bis zum Hauptalpenkamm.

Entstehung  und Grundgedanken der Siedlung

Fünf junge Architekten suchten in den 50er Jahren ein Terrain zum Bauen. Fündig wurden sie in der besagten Waldlichtung mit einem Terrain von 24'720 Quadratmeter. Da dieses für den Eigengebrauch viel zu gross war, entstand die Idee einer Siedlung mit verdichteter Bauweise, modernem und vielfältigem Innenleben. Dies alles sollte zu einem günstigen Preis erstellt werden. Die Fünf gründeten hierzu ein eigenes Architekturbüro – das Atelier 5, verhandelten mit unzähligen Geldgebern und erreichten dank Einflussnahme namhafter Persönlichkeiten die Baubewilligung 1956. Die Bauzeit betrug vier Jahre, die Architekten spielten selbst Makler und zeigten in dieser Zeit unzähligen Interessierten die Musterhäuser. 1963 war die letzte Wohneinheit verkauft.

 Wohl träumten die Architekten von mediterranem Leben, von Freude und Lebenslust in den Gassen, von ineinanderfliessenden Innen- und Aussenräumen, sie studierten die Projekte «La Saint-Baume», «Roq et Rob» und «Cap Saint Martin» von Le Corbusier, verbanden diese Bilder dann aber doch mit Vertrautem aus der Nähe. Insbesondere faszinierte sie die Berner Altstadt mit Lauben, Innenhöfen und Dachterrassen. Gegründet von den Zähringern im 12. Jahrhundert wurde diese Stadt aufgrund ihrer genialen und einfachen Grundstruktur im Verlauf der Jahrhunderte stets einheitlich erneuert und verdichtet. Entsprechend konnte sie sich an die neuen Gegebenheiten und Wünsche ihrer BewohnerInnen anpassen. Diese vielen Assoziationen zu einem Ganzen zu verschmelzen, ist das Grossartige an Halen. Es sind keine sentimentalen Bilder, die hier projieziert und umgesetzt wurden, sondern das Resultat zeugt durch seine strenge, unverwechselbare Anordnung und Komposition von der Auseinandersetzung mit dem Ort und dem Willen, Lebensraum für verschiedenartige Leute zu schaffen, mit vielfältigen Begegnungsräumen, aber auch mit Rückziehmöglichkeiten in den privaten Innen- und Aussenbereichen.

Die Siedlung im Überblick

Rückgrat der Siedlung bildet die einseitig von Lauben gefasste autofreie Siedlungsgasse, die sich in der Mitte durch Versetzen der oberen Gebäudereihe zum Platz weitet. Dort findet sich auch das Mehrzweckgebäude mit Gemeinschaftsraum, Laden und Kinderhort. Die Grünanlagen, das Bad und die später erstellte Boule-Bahn sind oberhalb der Siedlung zum Wald angeordnet. Die Autoeinstellhalle bildet mit ihrer Decke die Gärten der obliegenden Häuser. Ihr vorgelagert ist eine Tankstelle und Besucherparkplätze.

 

Das Halenhaus (kleiner Typ mit Dachterasse)

Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Haustypen mit 4 Meter respektive 5 Meter Breite. Je nach Lage können diese durch Studios oder Ateliers ergänzt werden. Ein Halenhaus lässt sich nur durch den Schnitt quer zum Hang erklären. Das Terrain der Waldlichtung wurde konsequent Ost-West terrassiert und ermöglicht dadurch den dreigeschossigen, südorientierten Halenhäusern vielfältige Aussenräume. Zunächst tritt man von der Siedlungsstrasse über den Laubengang in den Patio – ein kleiner Hof, der zwischen Küche und Gasse vermittelt. Ein durch ein Oblicht erhelltes Treppenhaus gliedert das Erdgeschoss zwischen Nasszellen (Küche, Bad WC) und dem Wohnzimmer mit Balkon. In den unterliegenden Garten gelangt man über die «Sambatreppe», die durch versetzte Tritte den Höhenunterschied in kürzester Horizontaldistanz bewältigt. Die Gärten sind schottenartig eingefasst und werden im unteren Teil durch eine durchlaufende Pergola räumlich abgeschlossen. Im Untergeschoss befinden sich je nach Haustyp ein oder zwei Zimmer, die durch eine Schiebewand miteinander zusammengeschlossen werden können. Im Obergeschoss befindet sich ein kleines Nordzimmer mit einem Oblicht, ein begehbarer Kleiderschrank und südseitig ein Zimmer mit einer grosszügigen, von Einblicken vollständig geschützten Terrasse (Nur beim Haustyp mit Solarium).

 

Individualität, Veränderung, Erneuerung und aktives Siedlungsleben

Die strenge Gesamtkomposition der Siedlung ermöglicht individuelle, den Bedürfnissen angepasste Veränderungen im Innern. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Umbau-massnahmen getroffen, bei einzelnen Häuser wurde der Patio teilweise oder vollständig überbaut.

 

Seit 2003 ist die Siedlung im Inventar der Denkmalpflege des Kantons Bern in der höchsten Kategorie  «schützenswert» und in das Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz als Spezialfall von nationaler Bedeutung mit Erhaltungsziel A (Erhalten der Substanz) eingestuft.

 

Die in den Statuten der Eigentümergesellschaft verankerte Förderung der kulturellen Interessen der BewohnerInnen lebt. In der Siedlung finden unterschiedlichste Veranstaltungen (Kochen, Musizieren, Debattieren, Degustieren etc.) statt. Jedes Jahr nach den Sommerferien wird zudem das traditionelle Halenfest durchgeführt. 

 

von Urs Heimberg, dipl. Raumplaner FSU/SWB Reg A, Halen 15

Literatur

Heinz J. Zumbühl, Barbara Miesch, Oliver Slappnig, Peter Kühler: Siedlung Halen. Meilenstein moderner Siedlungsarchitektur. Haupt Verlag Bern 2012
Heinz J. Zumbühl, Barbara Miesch, Oliver Slappnig, Peter Kühler: Siedlung Halen. Meilenstein moderner Siedlungsarchitektur. Haupt Verlag Bern 2012
Die Siedlung Halen in der Zeitschrift Schweizer Familie
halen_schweizer_familie_2009.1-4.pdf
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Die Siedlung Halen in der NZZ am 14. August 2012
halen_nzz_2012.pdf
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